Dithizon – ein vielseitiges Reagenz zur Schwermetallbestimmung
Dithizon, auch bekannt als Diphenylthiocarbazon, ist ein klassisches Reagenz in der chemischen Analytik, das seit Jahrzehnten zur Bestimmung von Schwermetallen wie Kupfer, Blei, Quecksilber, Cadmium und anderen eingesetzt wird. Dieses faszinierende Molekül ist in der Lage, mit einer Vielzahl von Übergangsmetallen stabile, intensiv gefärbte Komplexe zu bilden, die sich hervorragend für die qualitative und quantitative Analyse eignen.
Die Geschichte des Dithizons
Dithizon wurde erstmals 1925 von dem deutschen Chemiker Hans Fischer synthetisiert und beschrieben. Fischer erkannte schnell das große analytische Potenzial des Reagenz und untersuchte eingehend die Komplexbildung mit verschiedenen Metallen. In den folgenden Jahrzehnten wurde Dithizon zu einem der wichtigsten Werkzeuge in der klassischen Nasschemie und fand breite Anwendung in der Umweltanalytik, der Lebensmittelchemie, der Geologie und vielen anderen Bereichen.
Auch wenn moderne instrumentelle Analysemethoden wie die Atomabsorptionsspektroskopie (AAS) oder die Inductively Coupled Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) heute oft an die Stelle der klassischen Dithizon-Methoden getreten sind, hat das Reagenz nichts von seiner Bedeutung verloren. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo der Zugang zu hochmodernen Analysetechniken eingeschränkt sein kann, ist Dithizon nach wie vor ein wichtiges und kostengünstiges Werkzeug zur Schwermetallbestimmung.
Die Chemie des Dithizons
Dithizon ist ein gelb-oranges, kristallines Pulver, das in organischen Lösungsmitteln wie Chloroform, Dichlormethan oder Tetrachlorkohlenstoff gut löslich ist. Die Verbindung gehört zur Klasse der Thiocarbonylhydrazone und weist eine charakteristische Tautomerie auf – je nach pH-Wert der Lösung liegt Dithizon in einer neutralen oder einer anionischen Form vor.
In saurer Lösung (pH < 3) liegt Dithizon überwiegend in der neutralen, gelben Form vor. Erhöht man den pH-Wert, deprotoniert sich das Molekül und es entsteht das intensiv rote Dithizonat-Anion. Dieses ist in wässrigen Lösungen gut löslich und kann mit Übergangsmetallionen stabile, farbige Komplexe eingehen.
Die Komplexbildung erfolgt über die Koordination des Metalls an die Schwefel- und Stickstoffatome des Dithizon-Liganden. Je nach Metall entstehen so Komplexe mit unterschiedlichen Farben – von tiefrot über violett bis hin zu grün oder blau. Diese Farbvielfalt macht Dithizon zu einem wertvollen Werkzeug in der qualitativen Analyse.
Anwendungen in der Schwermetallanalytik
Das Haupteinsatzgebiet von Dithizon ist die Bestimmung von Schwermetallen in verschiedensten Matrices. Durch die Bildung stabiler, farbintensiver Komplexe lassen sich Spuren von Kupfer, Blei, Quecksilber, Cadmium, Nickel, Cobalt, Zink und anderen Metallen auch in komplexen Proben wie Wasser, Böden, Lebensmitteln oder Erzen nachweisen und quantifizieren.
Der klassische Dithizon-Test erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst wird die Probe mit Dithizon-Lösung extrahiert, wobei die Metall-Dithizon-Komplexe in die organische Phase übergehen. Anschließend wird die Färbung der organischen Phase visuell oder photometrisch ausgewertet. Durch Vergleich mit Referenzlösungen lässt sich so die Konzentration des jeweiligen Metalls bestimmen.
Neben dieser klassischen Flüssig-Flüssig-Extraktion gibt es auch Varianten, bei denen Dithizon an feste Trägermaterialien wie Kieselgel oder Aktivkohle gebunden wird. Diese Festphasenextraktion ermöglicht eine einfachere Probenvorbereitung und erhöht die Selektivität der Methode.
Grenzen und Herausforderungen
Obwohl Dithizon ein sehr leistungsfähiges Reagenz ist, gibt es auch einige Herausforderungen bei seiner Anwendung. Zum einen ist die Selektivität nicht immer perfekt – manche Metalle wie Eisen oder Aluminium bilden ebenfalls farbige Komplexe, die die Analyse stören können. Hier sind Trennungsschritte oder der Einsatz maskendeaktivierender Reagenzien erforderlich.
Außerdem ist Dithizon relativ empfindlich gegenüber Oxidationsmitteln und pH-Wert-Änderungen. Bei falscher Probenvorbereitung oder Durchführung können Verluste an Empfindlichkeit oder Selektivität auftreten. Daher erfordert die Dithizon-Analytik einige Erfahrung und Sorgfalt seitens des Anwenders.
Trotz dieser Einschränkungen bleibt Dithizon ein wichtiges Werkzeug in der klassischen Schwermetallanalytik. Gerade in Situationen, in denen moderne Instrumententechnik nicht zur Verfügung steht, ist es nach wie vor eine kostengünstige und zuverlässige Alternative. Mit der richtigen Methodik lassen sich auch heute noch viele Schwermetallprobleme mithilfe dieses faszinierenden Reagenz lösen.
Fazit
Dithizon ist ein chemisches Reagenz mit einer langen und beeindruckenden Geschichte in der Analytik. Seit über 90 Jahren wird es erfolgreich zur Bestimmung von Schwermetallen eingesetzt – von der qualitativen Nachweisreaktion bis hin zu quantitativen Analysen. Obwohl modernere instrumentelle Methoden heute oft an seine Stelle getreten sind, hat Dithizon nichts von seiner Bedeutung verloren, insbesondere in Regionen mit begrenzten Ressourcen.
Mit seiner Fähigkeit, stabile, farbintensive Komplexe mit einer Vielzahl von Übergangsmetallen zu bilden, ist Dithizon ein faszinierendes und vielseitiges Werkzeug, das auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der klassischen Nasschemie spielen wird. Für alle, die sich für die Chemie und Analytik von Schwermetallen interessieren, ist Dithizon ein spannendes und lohnendes Thema zum Entdecken.









